„Stellen Sie sich einfach vor, Sie essen ein Schnitzel, während Sie am Sonntag vergeblich ein offenes Beisl suchen – das senkt den Appetit.“

Ach, die Wissenschaft!

Wir verdanken ihr nicht nur Flugzeuge, Antibiotika und multifunktionale Smartphones, die bei minus 10 Grad einfrieren, sondern immer wieder auch verblüffende Erkenntnisse, auf die man von allein nie gekommen wäre.

Besonders gilt das für Forschungsbereiche wie Quantenphysik und experimentelle Psychologie. Da erfährt man dann regelmäßig Dinge, gegen die der gemeine Hausverstand sich sträubt. Im Fall der Quantenphysik kann man sich noch damit trösten, einfach zu deppert zu sein, um das zu verstehen. Die Psychologie aber hinterlässt einen immer wieder schlicht baff.

Ein Beispiel aus dem renommierten Magazin „Science“, auf das uns orf.at gestoßen hat: „An Essen zu denken senkt den Appetit“.

Ja, genau.

Nein, kein Tippfehler. An Essen zu denken senkt den Appetit. Nachweislich, sagt die Wissenschaft.

Uns, die wir mit Zeichentrickfilmen aufgewachsen sind, wo diversen in der Wüste schmachtenden Mickys oder Donalds frohe Reigen aus Würsten, Kuchen und Kaltgetränken um die delirierenden Köpfe tanzten, irritiert das irgendwie.

Was heißt denn das im Alltag?

Wir haben ja schon länger den Verdacht, dass Pornografie-Intensivnutzer irgendwann dazu neigen, ihr Sexualleben grundsätzlich nicht mehr mit irgendwelchen lästigen Zweiten zu teilen.

Aber beim Essen?

Gut, bei all den vielen großformatigen, schönst fotografierten Kochbüchern haben wir ebenfalls schon vermutet, dass da insofern eine Parallele zum Pornogeschäft besteht, als sie großteils für Leute gemacht scheinen, die ans Kochen lieber denken, als es selbst zu tun.

Aber sind womöglich auch all die wohlgemeinten Gastronomieführer in Wahrheit Branchengift, weil jeder, der ein solches Werk beiläufig interessiert durchblättert, insgeheim mit „No, das hab i scho g’fressen!“ reagiert?

Schaufeln sich all jene Wirte ihr ökonomisches Grab, die mit ausgehängten Speisekarten einer Kundschaft Gusto machen möchten, ohne zu bemerken, dass diese, vom Lesen gesättigt, dann maximal noch einen Kaffee und einen Digestif bestellt?

Nun, so einfach ist es, wie eine intensivere Lektüre der Studie zeigt, dann doch nicht.

Wir zitieren: „Einfach nur an ein Lebensmittel zu denken, ändert noch nichts am Konsum. Man müsse sich schon vorstellen, abzubeißen, zu kauen und zu schlucken. Im beschriebenen Versuch mussten die Menschen einen Käsewürfel oder ein Schokodragee in Gedanken 30 Mal hintereinander verzehren, damit sie die Lebensmittel danach seltener anrührten.“

Immerhin könnte man also, wenn man sonntags auf der vergeblichen Suche nach einem offenen Wirtshaus durch Wien irrt, die Zeit dazu nutzen, sich den 30fachen Verzehr eines Menüs aus Frittatensuppe, Zwiebelrostbraten und Apfelstrudel vorzustellen, um den Gusto loszuwerden. Gegen den Hunger kann es einem dann allerdings trotzdem passieren, dass man den nächstgelegenen Kaugummiautomaten leer frisst.

Und auch bei Hungerstreiks kann dieses Wissen nützlich sein. Wer weiß, vielleicht hat ja auch Mahatma Gandhi dabei gar nicht meditiert, sondern im Geiste eine endlose Reihe von Reisschüsseln vertilgt?

Jedenfalls scheint festzustehen, dass der menschliche Geist hinsichtlich der Täuschung des Körpers zu allerhand imstande ist. Als Extraservice bieten wir Ihnen nun an, die folgende Weinbeschreibung 30 Mal zu lesen:

„Tiefdunkles Rubingranat, opaker Kern, violette Reflexe. Schwarzes Beerenkonfit, etwas Kokos, Feigen, Mokka, feine ätherisch-balsamische Nuancen, rauchige Kräuterwürze klingt an, Nuancen von Valrhona-Schokolade, unterlegt mit Noten von Zimt, Lakritze und etwas Soja. Komplex und stoffig, reife Frucht, kleine schwarze Beeren, präsente, aber seidige Tannine, feine Extraktsüße, schokoladiger Nachhall, mineralisch und anhaltend.“

Gratuliere, sie haben sich gerade den Erwerb einer Flasche 2006er Grange von Penfolds und somit 250 bis 300 Euro erspart.

Autofahren sollten sie jetzt allerdings nicht mehr.

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