Ein wenig Politik und Ideologie steckten ja immer schon im Gastronomischen.

Schon die Wahl von Lokal und Gericht führt in diesen Bereich. Ob jemand vermittels Zitronengras-Kreuzkümmel-Lammeintopf die eigene superentspannte Weltbürger-­Attitüde zelebriert oder sich durch das grimmige Hinunterspülen panierter Fleischbrocken mit Fassbier als unbeugsame Stütze der christlich-abendländischen Identität zu erkennen gibt, macht einen Unterschied. Ob mit welkem Elitegestus der Untergang des Abendlandes über massives Tafelsilber hinweg besprochen oder die Aufstiegschancen von Rapid Wien beim Verzehr einer Burenhaut abgewogen werden, ist ebenfalls alles andere als egal.

Ein eigentliches Politikum war die Gastronomie aber, von vereinzelten Anti-Gänsestopfleber-Protesten einmal abgesehen, bisher eher nicht.

Selbst das gegen H. C. Strache verhängte Lokalverbot beim Plachutta wurde eher als familiär bzw. exfamiliär denn als weltanschaulich begründet rezipiert.

Umso erstaunlicher eigentlich, dass ausgerechnet hier – wenn auch sicher unbeabsichtigt – eine klassische Gewerkschaftskampagne gegen Willkür und Ausbeutung am Arbeitsplatz initialgezündet wurde.

Zwar erwartet niemand, dass ein Restauranteigentümer seinen Angestellten – alt-wienerisch ausgedrückt – Staubzucker in den Hintern bläst. Aber das Gegenteil geht halt auch nicht. Der bekannte Gastro-Erbe und Sportwagensammler Mario Plachutta hat bekanntlich, nachdem er einen Mitarbeiter dafür fristlos feuerte, weil dieser selbstgekaufte Erdbeeren mit plachuttaeigenem Zucker zu süßen gewagt hatte, obendrein eine Rechtfertigung von solcher Ungeschicklichkeit nachgelegt, dass ein Kellner, um Ähnliches zu leisten, schon einen kompletten Tafelspitzhäfen über einem wichtigen Staatsgast ausgießen müsste.

Das führte prompt zum ersten Flashmob der österreichischen Gastronomiegeschichte (zumindest wenn man vom alljährlichen Monumentalaufmarsch anlässlich der Schweizerhaus-Eröffnung absieht): Dutzende Menschen versammelten sich vorm Wollzeile-Plachutta und spendeten höhnisch Staubzucker-Packerln.

Und weil bekanntlich, wenn wer schon kein Glück hat, oft ein Pech auch noch dazukommt, wurde der so bereits eingetretene Imageschaden noch via Social Media potenziert:
Auf Facebook etwa tauchte eine im bewährten Jetzt-erst-recht-Tonfall gehaltene, hymnische Plachutta-Eloge von Peter „Was macht der jetzt eigentlich?“ Westenthaler auf.
Und konnte man hier noch auf den Gedanken kommen, ein besonders grausamer und unversöhnlicher Gegner hätte einfach Westenthalers Account gehackt, um auf diese tückische Art möglichst viel Schaden zu stiften, war beim nächsten zu Mario Plachuttas Entsatz ausreitenden Unsympathieträger schon aufgrund seines Kommunikationsmediums keine alternative Erklärung mehr möglich: Wer in der Kronen-Zeitung von Michael Jeannee einen an sich gerichteten Brief von Jeannee entdeckt, kann getrost davon ausgehen, wirklich von Michael Jeannee mit einem Brief besudelt worden zu sein.

(Das soll natürlich keine Kritik an Michael Jeannee sein. Kritik an Michael Jeannee ist bekanntlich etwa so sinnvoll wie das Erstellen einer Baumängelliste für eine Bombenruine.)

Vermutlich haben nicht einmal die zur Causa kolportierten 113.000 Internet-Postings binnen 48 Stunden Plachuttas Reputation auch nur annähernd so nachhaltig vergiftet wie Jeannees unerbetenes, pathologisch redundantes Verteidigungsgefasel: „Neid ist bekanntlich das Ressentiment der Schwachen, Erfolglosen, Inkompetenten, Linkslinken. Und der Erdbeerflashmob ist die neidbedingte Zusammenrottung Schwacher, Erfolgloser, Inkompetenter, Linkslinker, die sich vor ihrem Wiener Wollzeile-Rindfleischtempel neidbedingt zusammenrotteten.“
Immerhin das mit dem Neid sollte sich damit erledigt haben. Denn wer einen Mann beneidet, der solche Unterstützer hat, der tut sich vermutlich auch Staubzucker auf den Tafelspitz.

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