Soldatenleben im Frieden

Die „Polfried AG“ verfertigte  zwischen 1908 und 1925 sowohl rasante satirische Einakter für das neueröffnete Kabarett „Fledermaus“ als auch Zeitungsparodien von beträchtlicher Bösartigkeit.

Eine dramatisierte Lesung zeitloser Satiren von Alfred Polgar und Egon Friedell.

Zwei Titanen der sogenannten Kaffeehausliteratur, Alfred Polgar und Egon Friedell, steckten ihre fabelhaften Köpfe gelegentlich gern zusammen.

Die „Polfried AG“ verfertigte  zwischen 1908 und 1925 sowohl rasante satirische Einakter für das neueröffnete Kabarett „Fledermaus“ als auch Zeitungsparodien von beträchtlicher Bösartigkeit.
Natürlich stellt sich die Frage, ob denn satirische Texte nicht nach einem guten Jahrhundert  nur noch historischen, aber keinerlei Unterhaltungswert mehr haben. Erfreulicherweise lautet die Antwort in diesem Glücksfall: Papperlapapp.

Thomas Maurer verfolgt daher an diesem Abend auch keine denkmalpflegerischen Interessen, sondern hat merkbar Freude daran, diesen Glanzstücken des Genres zu neuem Bühnenleben zu verhelfen und binnen knapp einenhalb Stunden in über 40 Rollen zu schlüpfen.

Ein Gipfeltreffen zweier ziemlich alter und eines auch nicht mehr ganz jungen Kabaretthasen also, und damit ein Pflichttermin.

Kritiken

LINZ. Thomas Maurer las am 20. März „Soldatenleben in Frieden“ im Linzer Posthof.

Schon 1992 hatte Thomas Maurer die unter dem Titel „Soldatenleben in Frieden“ Texte von Egon Friedell und Alfred Polgar szenisch gelesen. 2013 jährte sich Friedells Todestag (16. März 1938) zum 75. Mal, also trat Maurer am Mittwoch im Linzer Posthof den Beweis an, dass die Formulierungsgenialität dieser beiden Kaiser der Kaffeehausliteratur gegen Vergänglichkeit immun ist.

Einer wie Maurer würde auch nicht zum Abstauben alter Dokumente taugen. Sein Spitzbubengesicht verwandelt sich in mehr als 40 unterschiedliche Fratzen, zweieinhalb Stunden (mit Pause) entlarvt er mit Einaktern und Parodien, die 100 Jahre alt sind, die Lächerlichkeit des gegenwärtigen Kultur- und Gesellschaftslebens.

Was Friedell und Polgar in ihren „Zeitungskritiken“ oder in ihrem „Bösen Buben Journal“ verhöhnen, erfährt seine Aktualität durch gegenwärtige Leitartikel und gesellschaftliche Phänomene aus Fleisch und Blut, die sich heute bloß anders kleiden.

Maurer schindet sich und seine Stimme. In einigen Momenten verliert er sich selbst im Spielrausch – und die Textdeutlichkeit gleich dazu. Er plagt sich derart, als würde er mit den Texten in Konkurrenz um den Applaus treten wollen.

Das ist nicht gar nötig, der Applaus reicht für alle.

Thomas Maurer: „Soldatenleben in Frieden“, szenische Lesung mit Texten von Egon Friedell und Alfred Polgar. Posthof Linz, 20. März.