Die neue Selbständigkeit

Es ist der Morgen nach der großen - und augenscheinlich exzessiv verlaufenen - Wohnungs-Ausweihungs-Party. Helmut Karl steht in mehr als nur einer Beziehung an einem Wendepunkt seines Lebens.

Es ist der Morgen nach der großen - und augenscheinlich exzessiv verlaufenen - Wohnungs-Ausweihungs-Party. Helmut Karl steht in mehr als nur einer Beziehung an einem Wendepunkt seines Lebens.

Es wird dies sein erster Wohnungswechsel sein, der nicht in neue Prestigehöhen führt, sondern im Gegenteil sogar vorübergehend wieder zurück ins elterliche Kinderzimmer. Ein harter Schlag für einen, dem die Neunziger alles geliefert haben, was die Illustriertencovers dieser Epoche versprochen haben: Geld, schöne Anzüge, dicke Autos, edelmetallene Kreditkarten und eine kometenhafte Karriere.

Im Falle Helmut Karls eine klassische FPÖ-Karriere: Vom Flugzettelverteiler über die Buberlpartie bis hin zu Regierungswürden. Doch spätestens seit dem 24.11. ist klar: The Party is over.

Die neue Selbständigkeit ist nicht nur Rückblick auf all das Erstaunliche und Aberwitzige, das der sechzehn Jahre währende Höhenflug der Freiheitlichen Partei dem Land beschert hat, sondern auch eine Bilanz über einen beträchtlichen Teil derer, die heute - so wie der Autor und Darsteller auch - Mitte Dreißig sind: Talking 'bout my Generation.

Regie: Anatole Sternberg
Ausstattung: COP

Bilder

Kritiken

Absturz eines blauen Höhenflugs. Der Morgen danach: Thomas Maurer sitzt zwischen den Überresten einer ausgelassenen Party. Doch unter der Oberfläche entpuppt sich das Chaos auf der Bühne auch als spärliches Relikt einer Karriere.

Neben Umzugkartons und Plastikbechern erinnern nur mehr einzelne edle Einrichtungsgegenstände an ein besseres Leben. Und von genau dem plaudert Thomas Maurer in der Rolle von FPÖ Politiker Helmut "Heli" Karl zwischen Hosensuche, Krawattenknoten und drei Kaffee. Das Publikum lauscht im Gegensatz zu Vivian (der unbekleideten fiktiven Dame auf der Couch) gespannt.
"Politik is net so meins..." Nach 16 Jahren in der Politik streut Heli nebenbei ein "Politik hot mi nie intessiert".

Wie es dann zu dem Erklimmen der blauen Karriereleiter kam? Nun ja, die Sprossen heißen Zufall, Gefälligkeit und Trinkfestigkeit. Oder anders gesagt: Eins ergibt das andere. Heli hält den FPÖ Sonderparteitag für "ein leiwandes Festl", Jörg Haider mag dessen Fahrstil und Heli findet die Wahlkampfaction mit all ihren Nebenerscheinungen schlicht lustig. Der Höhenrausch beginnt.

Rise & Fall.Die Karriere des Helmut Karl: Wiener Gemeinderat, dann "woa i der Bundesparteiirgendwas..." bis hin zum Staatssekretär für Föderalismusfragen. Die Worte: "Ich hab mit 35 eine komplette Karriere hinter mir...", bleiben ihm im Halse stecken. Als die Partei am Zerbröckeln ist, bleibt nicht viel von Geld und Ruhm. Außer dem Buhlen um des Anführers Gunst ("Du bist ja nur neidig, weil mich der Jörg lieber hat als dich"), hat Heli nicht viel gelernt.

Karikatur oder Wirklichkeit?Helis blaue Karriere (im politischen und alkoholischen Sinn) wird in gut recherchiertes politisches Kabarett gepackt. Thomas Maurer karikiert die FPÖ und ihre Anhänger und ist dabei immer noch erschreckend authentisch. Der Blickwinkel ist interessant gewählt, und die Erkenntnis ernüchternd, dass sich Maurer für dieses Programm wahrscheinlich gar nicht allzu weit von der Realität entfernen musste.  KG